Open-access Vereinigungen / Uniões / Intimate Ties im Spiegel kritischer Betrachtungen

Vereinigungen / Uniões / Intimate Ties: Glimpses of critical considerations

Abstract

In diesem Artikel, der zusammen mit meinem Kollegen und Mitübersetzer Lawrence Flores Pereira abgefasst wurde, beginnen wir mit Gedanken zu den spezifischen Schwierigkeiten der Übersetzung von Musils Vereinigungen. Basierend auf Peter Utz’ Beiträge zur Übersetzungstheorie, soll besonders das Problem beachtet werden, dass, laut Musil, das Erzählte weniger „verstanden“, als nachempfunden werden sollte, so dass mögliche Sinnzusammenhänge nur über den Um-Weg von fliessenden Gefühlen rekonstituiert werden können. Dieses Verzichten auf rationelle Verständlichkeit nähert sich Musils Prosa der symbolistischen Methode, die Stephan Mallarmé in seinem Brief an Henri Cazalis im Oktober 1864 erwähnte. Im Anschluss daran werden Alternativen zu einer sehr kritischen Rezension Michael Hofmanns zu Peter Wortsmanns amerikanischer Version der Vereinigungen, Intimate Ties, in Erwägung gebracht. Die Argumente und Lesart des Kritikers soll auf ihre kritische und hermeneutische Stichhaltigkeit untersucht werden, indem wir die erste portugiesische Übersetzung mit der gleichzeitig fertiggestellten des austro-amerikanischen Schriftstellers und Übersetzers Peter Wortsmann vergleichen und dabei auch auf die Übersetzungen von Jaccottet und Wilkins-Kaiser zurückgreifen.

Schlüsselwörter Literarische Übersetzung; Übersetzungskritik; Robert Musil; Vereinigungen; Mallarmé

Abstract

In this article, co-authored with my colleague and co-translator Lawrence Flores Pereira, we begin with thoughts on the specific difficulties of translating Musil's Unions. Based on Peter Utz's contributions to translation theory, particular attention will be paid to the problem that, according to Musil, the narrative should be less "understood" and rather more sensitively "felt", so that possible contexts of meaning can only be reconstituted followin the labyrinth of flowing emotions. This renunciation of rational comprehensibility brings Musil's prose closer to the symbolist method mentioned by Stephan Mallarmé in his letter to Henri Cazalis in October 1864. In the final part, we will consider alternative approaches to a highly critical review by Michael Hofmann of Peter Wortsmann's American version of The Unions, Intimate Ties. The critic's arguments and reading will be examined for their critical and hermeneutical validity by comparing the first Portuguese translation with the simultaneously completed one by the Austro-American writer and translator Peter Wortsmann, also drawing on the translations by Jaccottet and Wilkins-Kaiser.

Keywords literary translation; translation criticism; Robert Musil; Unions; Mallarmé

In seinem Aufsatz “Fremde Gefühle in fremden Sprachen. Der Mann ohne Eigenschaften im Licht seiner englischen und französischen Übersetzungen” (Utz, 2009) hat Peter Utz die Herausforderungen behandelt, die Musils komplexe Verflechtung von subtilen Metaphern und hintergründigen Reflexionen zu Gefühlslagen, Seelenzuständen und Stimmungen für den Übersetzer zu stellen (Utz, 2009). Utz unterstreicht, dass die Arbeit des Übersetzers den schöpferischen Bemühungen des Autors vergleichbar ist, oder zumindest mit einem analogen Problem. Laut Utz wird durch die zweite Sprache nur das Problem verschärft, das sich auch für den fühlenden Erzähler und seine Fiktionen stellt; das heisst, die Schwierigkeit der sprachlichen Umsetzung von Gefühlen, die bereits eine erste Verfremdung und Objektivierung erfahren, wenn sie ausgedrückt werden (sei es in gestischer, wörtlicher oder bildlicher Form). Eine Reihe von Fragmenten Musils nehmen in halb essayistischer halb erzählerischer Form zu diesem Problem Stellung; zum Beispiel eine frühe kurze Glosse, in der der Autor sich mit und über sich selbst auseinandersetzt - „Urtheil des Herrn Musil über sich selbst“ (Musil, 1978; Musil & Rosenfield, 2021, p. 66) - oder eine andere, spätere - “Über Robert Musils Bücher” - (Musil, 1978, p. 239–246; Musil & Rosenfield, 2021) in der er, in Gesellschaft von anderen Autoren und Kritikern seine eigenen Gehirnwindungen inspiziert, als wären diese eine Landschaft mit den Monumenten früherer Arbeiten. Dabei hadert der Autor sowohl mit der eigenen Bewertung seiner Werke, wie auch mit den Lesarten und Beanstandungen, die der Roman Törless und die Novelle Vereinigungen bei seinen Kollegen und Kritikern auslösen. Diese Texte stellen ganz eindringlich klar, wie schwierig es für den eigenen Autor (und für jedes fühlende und denkende Subjekt) ist, Zugang zur eigenen Innerlichkeit zu bekommen, und diese einerseits auf authentische Art zum Ausdruck zu bringen, ohne dabei in Klischees zu verfallen, die von Erziehung, Familie und Gesellschaft vorgeformt sind, andererseits aber doch für den nicht eingeweihten Leser nachvollziehbar zu sein.

Die Organisatoren des Lausanner Kongresses haben zweifellos Recht, wenn sie Utzs Ansatz als einen maßgeblichen Beitrag würdigen, das Übersetzen als “ein gleichberechtigten Dialog mit dem ‹Original›” betrachtet, der in das Original “hinein- und zugleich darüber hinausführt”. Diese doppelte Bewegung des kritischen Eindringens ins Werk und des Interpretierens geht über das Werk als hermeneutischer Zusatz hinaus und wird besonders bei der übersetzerischen Anstrengung ständig und zwangsweise vorgeführt, was in folgender Anmerkung der Organisatoren zum Ausdruck kommt:

Überhaupt scheint es eine Besonderheit von Musils Werk zu sein, semantische Überschüsse und Leerstellen in einem fortwährenden Bedeutungszuwachs gerade auch in den Übersetzungen lesbar zu machen. So gesehen nehmen ‹transgressive› Musil-Übersetzungen und Theoriebildungen zu Musil-Übersetzungen nur eine Suchbewegung auf, die schon Musils Texte selbst enthalten und auslösen. Der Übersetzungsvergleich erschließt demzufolge eine genuine Dimension von Musils eigener Poetik. Es scheint daher sinnvoll, das Transgressionspotential vorliegender Musil-Übersetzungen viel allgemeiner zu nutzen.

(Arburg, 2019)

Wir versuchen im Folgenden diese zielführenden Erwägungen, die Peter Utz bei der Betrachtung der “fremden” – das heisst immer “übersetzten” - Gefühle im Mann ohne Eigenschaften für die Übersetzungskritik fruchtbar macht, für eine kritische Betrachtung eines früheren Werkes auszunützen, nämlich der Vereinigungen, zwei Novellen, in denen Musil in den Jahren 1907-11 mit grösster Mühe gearbeitet hat. In Brasilien hat der bekannte Shakespeare Übersetzer Lawrence Flores Pereira diese Novellen mit mir vor kurzem ins Portugiesische übertragen (Musil, 2018) - zur gleichen Zeit als Peter Wortsmann die amerikanische Übersetzung bewerkstelligte (Musil, 2019), wobei ein interessanter Dialog zu den ungeheuren Schwierigkeiten dieses Werks Musils entstand, dessen stilistischen Feinheiten wesentlich mehr vom Übersetzer fordern, als alle anderen Werke Musils. Aber der eigentliche Fokus dieses Artikels ist die ungeheure Irritation, die Wortsmanns Übertragung bei einem der Rezensenten, Michael Hofmann, ausgelöst hat, und deren Formulierung uns einiges Kopfzerbrechen bereitet hat. Hofmann beanstandet eine Reihe von angeblichen Transgressionen der Idiomatik und Kontextualisierung der amerikanischen Version, deren Berechtigung wir im Folgenden genauer untersuchen wollen.

Anfänglich aber noch ein paar Bemerkungen zur ganz spezifischen Schwierigkeit der Übersetzung der Vereinigungen, deren ganz besondere Prosodie den Leser/innen kaum je das Gefühl von festen Inhalten gibt, die rational erfasst werden können, sondern vielmehr schwebende Zustände vermittelt, in die die Leser/innen sich hineinversetzen müssten. Also haken wir uns zunächst bei einer Passage ein, die bereits in einem anderen (vorangehenden) Artikel zur Sprache kam, nämlich das Zitat, in dem Musil seine eigene ,Unübersetzbarkeit‘ erwähnte und die zeitgeschichtlichen und die stilistische Gründe angab, die viele seiner Texte auch für erfahrene Übersetzer/innen (und Leser/innen) oft sehr schwierig machen. In einem Brief vom 3.8.1940 an das American Committee for Christian Refugees gibt Musil die „besonderen Umstände“ an, dass es „keine ausreichende amerikanische oder englische Übersetzung von mir gibt [...].“ Abgesehen davon schreibt Musil weiter, dass „meine Sprache … schwer zu übersetzen [ist]“ und noch, dass „meine Art die Probleme zu sehen, wirkt mehr intensiv als auf den ersten Blick und extensiv“ (Musil, 1976, p. 1214). Die Intensität eines Gefühls, oder die „Energie eines Gedankens“ ist oft ausschlaggebender als der eigentliche Inhalt und sein rational bewertbarer Wert (Musil, 1976)1.

Weit mehr noch als im der Mann ohne Eigenschaften, erschweren bei den Vereinigungen die von Musil erwähnten „Intensitäten“ der Übersetzerarbeit. Denn es dreht sich für Musil in den beiden Novellen der Vereinigungen darum, die intensiv fluktuierenden Gefühle künstlerisch darzustellen und ernst zu nehmen, der Autor bemüht sich, die Schwebezustände der Seele zu erfassen, und ihre vagen Gefühle in konstanten Übergängen zu einem Kontinuum von mutierenden Seelenlagen zu verbinden. Diese Darstellung soll eine Reflexion ermöglichen, durch die Leser/innen kausale Zusammenhänge und Hypothesen ableiten können, wobei dieses Verständnis eine seelische Beteiligung der Leser/innen und wenigstens eine teilweise Identifikation mit diesen Zuständen voraussetzt. Denn die „Grundeinstellung“ des Autors bei diesem Experiment war es, „Alles Erzählende ins Beiwerk, Bild“ (Musil, 1978, p. 1314) zu verwandeln, das heißt in erster Linie nur „Tönungen von Viertelgraden … in das Gefühl“ zu bringen (Musil, 1978, p. 1316), ohne die feste Semantik einer herkömmlichen Erzählung.

Beim Übersetzen dieser Novellen, musste ich als zwar fast bilinguistische Austro-Brasilianerin entdecken, dass die hauptsächliche Schwierigkeit der Übertragung nicht gelöst ist, sobald der Übersetzer zu einem eingehenden Verständnis der idiomatischen Feinheiten des Vokabulars und der labyrinthischen verschlungenen Syntax gekommen ist; trotz meiner gelungenen Versenkung in die semantischen Korrespondenzen, die Musils eigenartige Bilder und Stimmungen, Metaphern und Vergleiche sprachlich auf Portugiesisch nachvollziehbar machen, war es mir in vielen Passagen unmöglich den atmosphärischen Schwebezustand von Musils Prosa in der Fremdsprache überzeugend nachzuvollziehen. Obwohl ich jede einzelne Passage in ihrer evokativen Semantik beschreiben und ausmalen konnte, fehlte meiner Übersetzung der gewisse traumhaft-assoziative Charakter, die stilistische Feinheit, die das schwebend Gleitende der Seelenzustände fühlen machen. Dies zu erreichen, musste ich mich an den auch als Dichter versierten Shakespeare Übersetzer und Kollegen Lawrence Flores Pereira wenden. Nur mit seiner Hilfe gelang es, die rhythmischen Qualitäten der Musil’schen Prosodik in den Vereinigungen in den Griff zu bekommen. Dank Lawrence‘s Feinarbeit, die eine ungeheure Beherrschung von oft schon vergessenem Vokabular und Talent für syntaktische Trapezkunst voraussetzt, wurde Uniões wieder zu den zwei eigenartig faszinierenden Novellen, die mich schon bei der ersten Lektüre durch ihre eindringlich unverständliche Verständlichkeit ungemein beeindruckt hatten. Dazu musste ich feststellen, war also eine Kombination von Sprachbeherrschung, poetische Erfindungsgabe, Erfahrung und Feingefühl nötig, die ich im Portugiesischen wohl nicht erreichen kann.

Obwohl ich mich bei anderen Texten Musils (Die Amsel, Törless, Drei Frauen) als kompetente Übersetzerin bewähren konnte, deren Übertragungen von erfahrenen brasilianischen Übersetzern gut bewertet wurden, war bei den Vereinigungen ein Hilferuf an eine höhere Instanz unvermeidlich. Ohne die Zusammenarbeit mit Pereira, wäre es mir nie gelungen die erste portugiesische Übersetzung von Musils Vereinigungen zufriedenstellend zu Ende zu bringen. Sowohl Pereira, als auch der amerikanische Übersetzer Peter Wortsmann, mit dem wir während dieser langwierigen Arbeit in Kontakt waren, um Erfahrungen auszutauschen, bestätigten die spezifisch stilistischen und poetischen Herausforderungen dieser zwei Novellen, deren Struktur ausschliesslich aus losen Sequenzen von sich ständig verändernden Gefühlen besteht, wobei Musil absichtlich die kausalen Beziehungen beiseite lässt, die sonst dem Erzählten einen festen Unterbau bieten.

Musil war sich bewusst, dass die Vereinigungen extreme Ansprüche stellen, denn der Leser/Übersetzer muss ja diese Novellen weniger „verstehen“, als selbst nachempfinden und nur in zweiter Linie, aus diesem Um-Weg, mögliche Sinnzusammenhänge ableiten. Der Autor hat dies selbst in seinen Reflexionen zu diesem experimentellen Werk klar auseinandergelegt:

Man sucht Ausdruck für neue innere Dinge, verzichtet aber ganz darauf, sie in einen Causalzusammenhang einzureihen. Man gibt eine Kette von Stimmungen […] Man zeigt nur einen emotionalen, einen Stimmungsablauf, unter dem gerade noch hinreichend […] sich der Schein eines causalen Gefüges bildet (Das verzauberte Haus).

(Musil, 1978, p. 131).

Beim Übersetzen dieser „Stimmungsabläufe“ muss sich der Leser/Übersetzer vorwagen in jene unsichere

innerste Sphäre, wo Liebende sich in Nichtigkeiten auflösen, in Dinge, die sogut sie wie andere sind, wo der einzelne nur der Durchganspunkt von Reflexionen ist, die allen gelten

(Musil, 1978, p. 1314).

Daraus ergibt sich ein ganz neuer Horizont, dem auch die Übersetzer-Maxime von Peter Utz nicht ganz gerecht wird, wenn er nämlich sagt, dass „Übersetzen Sinn, nicht Identität" schaffe (Utz, 2017, p. 17). Da der „Sinn“ der einzelnen Sätze und Absätze der Vereinigungen auch im Original nur in extremis und sozusagen nur in atmosphärischen Übergangsmomenten flüchtig fassbar wird, kommt es beim Übersetzen gar nicht nur auf „Sinn“, sondern in erster Linie vielmehr auf das Rekonstruieren der rhythmisch-atmosphärischen Äquivalenz der Sequenzen an (aus deren fliessenden Konstellationen der schwebend-prekäre mögliche Sinn beim lesenden Nachempfinden hypothetisch abgeleitet werden muss). Dabei genügt weder die grösste sprachliche Kompetenz in der Ausgangssprache, noch die perfekte Beherrschung der Zielsprache; man braucht darüber hinaus noch das geradezu dichterische Talent, das diese nebulösen Vorstellungen, in denen Laut, Rhythmus, Melodie und bildlichen Korrespondenzen wie Dunsttröpfchen in der Luft hängen, auch in die Zielsprache umzusetzen. Nur ein Übersetzer der in der Zielsprache selbst ein erfahrener Schriftsteller, Lyriker oder Lyrikübersetzer ist, könnte den stilistischen Anforderungen des Musil’schen Experiments der Vereinigungen gerecht werden.

Unsere vierhändige Arbeit an diesen Novellen ging also weitgehend über das Erfassen und Wiederherstellens von Sinn hinaus und bestand – nach dem Übersetzen des in der Syntax erahnten Sinnes – aus dem enervierenden Erlebnis des vorsichtigen Austarierens von möglichen portugiesischen Korrespondenzen für Musils verbales Mobile von Empfindungen, Bildern, Gedanken und deren Variationen, die wiederum neue affektive und semantischen Suggestionen erzeugen. Die Schwierigkeit dabei war vor allem, den Rhythmus, das „Parfum“ und den Klang der Vorstellungen im Portugiesischen ins Lot zu bekommen. Wie kein anderer Text Musils entsprechen nämlich die Vereinigungen seinem „Glauben an die magische Wirkung des dichterischen Wortes“ (Corino, 2003, p. 1076), das zwar auf minutiösem Kalkül (nicht auf dem Glauben an göttliche Inspiration) beruht, aber von Musil trotzdem als plötzlich, oder auch zufällig zustande kommendes „Fliessgleichgewicht“ verstanden wurde, wie es im mystischen Erleben oder im poetisch-mallarmé’schen „hasard“ exemplarisch geschieht.

Der Übersetzer muss sich bei dieser Übersetzung auf dem gefährlichen Grat zwischen fester Semantik und (zufällig?) erfühlten ästhetischen Konstellationen bewegen. Denn das Erlebnis Claudines auf ihrer Reise bringt einerseits Fetzen ihrer früheren nymphomanischen Erfahrungen wieder zum Vorschein, die sie mit ihrer gegenwärtigen Erfahrung von ekstatischer Liebe in Zusammenhang zu bringen versucht, andererseits steht die nun erwachsene junge Frau diesen Verwirrungen sowohl hilflos, als auch wieder souverän und urteilend gegenüber. So kündigt sich in dieser Figur (in den Jahren 1908-11 entworfen) bereits eine „Frau ohne Eigenschaften“ an: Claudine nimmt wie Ulrich die Gelegenheit wahr, die intensive Verwirrung und Verstörung ihrer affektiven, intellektuellen und erotische Vereinnahmung durch etwas unkontrollierbar Anderes ironisch von sich zu distanzieren, und so die unmittelbare Identifikation mit dem Erlebnis in „erreignisfreie Gedankengänge und Abstraktionen innerhalb des Erzählzusammenhanges” (Schmidt, 1975, p. 85) umzusetzen.

Was uns Übersetzern – also mir, Lawrence und auch Peter Wortsmann – ungeheuer zu schaffen machte, war, abgesehen von den atmosphärischen Stimmungen, auch die na Mallarmé erinnenden Übergänge. Denn die Sequenzen der Vereinigungen, die oft von relativ realistischen zu tiefgründig obskuren Passagen gleiten, scheinen viel der symbolistischen Methode zu verdanken, die Stephan Mallarmé in seinem Brief an Henri Cazalis im Oktober 1864 erwähnte, nämlich "peindre non la chose, mais l'effet qu'elle produit", wobei er sich auf die Komposition von Hérodiade bezog (Mallarmé, 1992, p. 1440)2. Natürlich handelt es sich bei Hérodiade und den Vereinigungen in vielerlei Hinsicht um ganz unterschiedliche Werke. Bei Musil findet man nichts von der feierlichen mythischen Schriftmaschinerie Mallarmées. Aber die ausgesprochen weibliche Sinnesbeobachtung (die Musil seiner Frau Martha abgeschaut hat) und das Experiment, nur auf die "Wirkung, die das Ding in uns hervorbringt" abzuzielen, machen die Übersetzung dieser Werke der beiden Autoren ungeheuer schwierig.

***

Für Lawrence und mich wurde die Mühe, diesen Schwebezustand zwischen konkret-ereignishafter Erzählung und rein-gedanklicher Abstraktion ins Portugiesische zu übertragen durch zwei Umstände erleichtert. Erstens sind die brasilianischen Leser und besonders die geschulten Übersetzer sehr interessiert an Herausforderungen theoretisch-praktischer Art, die den Übersetzer nötigen, mit Phonopeia, Phanopeia und Semantik zu experimentieren3. Zweitens kam dazu noch der günstige Zufall der frappierender Ähnlichkeiten unserer Übersetzung mit dem Stil der brasilianischen Romanschriftstellerin Clarice Lispector, deren Karriere allerdings erst dreissig Jahre nach dem Erscheinen der Vereinigungen begann, und die vielleicht Musils Werk gar nicht kannte. Dieser Umstand hat das Publikum beim Erscheinen von Musils Uniões in eine besonders liebenswürdige und interessierte Stimmung versetzt, die zu einem wohlwollenden Empfang unserer brasilianische Übersetzung beitrug – obwohl (wegen der fehlenden Vertrautheit der Übersetzer mit Musils Werk) die Veröffentlichung bis jetzt ohne detaillierte kritische Besprechungen der spezifischen Probleme dieses Werkes und unserer Übersetzung geblieben ist. Wir konnten also seither bei Vorträgen und Übersetzerseminaren immer mit einer interessierten Hörerschaft und anerkennungswilligen Diskussionen rechnen.

Unserem Kollegen Peter Wortsmann war diese freundliche und produktive Rezeption leider nicht gewährt. Deshalb greifen wir jetzt auf die Rezension Michael Hofmanns zurück, die zu Wortsmanns Intimate Ties Stellung genommen und den Übersetzer zur Zielscheibe einer virulenten Kritik gemacht hat, die die semantische Offenheit und schwebende Unbestimmtheit des festen Sinnes nicht genügend würdigt. Obwohl bei diesem Text unerwartete Wendungen, Bilder und Kontextualisierungen des Übersetzers mehr als bei jedem anderen gerechtfertigt erscheinen (wie schon oben ausgeführt), scheint Wortsmanns Version bei dem geschulten und schlagfertigen amerikanischen Rezensenten ein explosives Irritationspotential” ausgelöst zu haben, das im Folgenden auf seine Legitimität untersucht werden muss. Denn die Intoleranz der Rezension Michael Hofmanns produzierte bei näherer Betrachtung wiederum Überlegungen, die auf ästhetischer, kritischer und hermeneutischer Ebene (unwillentlich) produktiv wurden, wobei mehrere der bemängelten „Transgressionen“ des Übersetzers besser verständlich durchaus gerechtfertigt erscheinen.

Die Übersetzung des Titels

Die Titel Vereinigungen und die Untertitel der ersten der zwei Novellen „Die Vollendung der Liebe“ gestalten sich in den zwei englischen, der französischen und portugiesischen Version folgendermassen:

Unions – „The Perfecting of a Love „       (Eithe Wilkins / Kaiser) Intimate Ties – „The Culmination of Love“       (Wortsmann) Noces – „L’Accomplissement de l’Amour“       (Jaccottet) Uniões – „A Perfeição do Amor“       (Rosenfield/Pereira)

Während Wilkins/Kaiser und Rosenfield/Pereira das neutrale Substantiv Unions, Uniões verwenden, wählten Wortsmann und Jaccotet affektiv höher besetzte Ausdrücke: das französische Noces ist ja für Hochzeiten der menschlichen, geistigen und mystischen Vereinigungen sehr gebräuchlich; Intimate Ties wiederum spielt auf „innere Zustände“ (Musil, 2019, p. 1153), das heisst, auf die affektive und geistige Innerlichkeit an, die sich bis zum mystisch-ekstatischen intensivieren kann.

Es ist also für uns (austro)brasilianische Übersetzer nicht ganz verständlich, warum Hofmann Wortsmanns Wahl als einen “etwas fadenscheinigen Titel“ qualifiziert und einwendet, dass „Konjunktionen oder Assoziationen schneller und besser gewesen wären”.4 Vereinigungen ist im Deutschen ein neutrales Wort, das alle Art von Konjunktionen und Assoziationen bezeichnet, die Substanzen, Dinge und Menschen verbinden. Jaccottet und Wortsmann hingegen, explizieren eine bestimmte Art von Vereinigungen, die in den zwei Novellen näher ausgeführt werden. Natürlich entfernen sich diese beiden Titel etwas von dem semantischen Fächer von „Einigung, Vereinigung, Wiedervereinigung“, d. h., von Worten, die mit der Einheit auf nationaler und existenzieller Ebene zu tun haben, und die in der historischen Entwicklung des Sprachgebrauchs zu emotional hoch besetzten Begriffen zählen. In ihnen verquickten sich Gedanken und Gefühle, die die Einigung Deutschlands betreffen5, mit Reflexionen auf philosophisch-existenzieller Ebene über das Mysterium des Ur-Einen (hen kai pan, Ein und Alles)6. All diese – nationalen und existenziellen, mystisch-ekstatischen, erotisch-sexuellen – Anspielungen sind unterschwellig in dem lakonischen Titel Vereinigungen präsent, denn die zwei Novellen, „Die Vollendung der Liebe“ bzw. „Die Versuchung der stillen Veronika“, drehen sich ja um zwei Abwandlungen des „anderen Zustands“ der (mystisch-ekstatischen, pathologischen oder einfach unnennbar „anderen“) Verzückung und Entfremdung, die mit erotischer Leidenschaft verbunden sein können. Es dreht sich also um Phänomene, die mit einer Zeitkrankheit zu tun haben, die von Musil auch in anderen (sozialen und politischen) Zusammenhängen analysiert und verarbeitet worden ist7. All diese Konnotationen sind aber auch bei Noces und Intimate Ties vorhanden.

Die Atmosphäre und Umgebung

Musil hat zum gewagten Experiment dieser zwei Novellen, selbst eine ganze Reihe von kritischen Beiträgen geleistet, die die genaue Beobachtung der fluktuierenden Modifikationen von inneren Zuständen in den Vordergrund rücken, und so den Leser dazu zwingen wollen, den nur angedeuteten erzählerischen Faden assoziativ zu rekonstruieren. Also lassen diese Erzählungen nicht nur einen grossen Spielraum für persönliche Assoziationen, sondern fordern von Leser einen unverhältnismässigen grossen Aufwand an aktivem Vorstellungsvermögen

Um nun zu einem anderen Einwand Hofmanns zu kommen, nämlich zum Vorwurf, Wortsmann missachte den spezifischen Kontext in dem Claudines Erlebnis verläuft, möchte ich kurz die Eingangssituation dieser Novelle umreissen, in der sich die bemängelte Passage befindet. Die „Vollendung der Liebe“ beginnt mit einem Mann und einer Frau im Gespräch – es handelt sich vielleicht um ein Ehepaar, oder auch um ein Liebespaar in einem “Zimmer” mit einem Lehnstuhl und Teetisch, an dem die Frau hantiert während der Mann noch rauchend liest. Mit ganz spärlichen Objekten versetzt der Autor den Leser in ein Wohn- und Lesezimmer einer Wohnung, in dem gerade Tee serviert wird. Auf einen kurzen Dialog zu Beginn der Novelle, in dem das Paar eine bevorstehenden Reise bespricht, folgt ein längerer Absatz, der die materiellen Gegebenheiten der häuslichen Umgebung skizziert und zu den geistigen und seelischen Zuständen überleitet, die ihrerseits in zweiten und dritten Absätze ausgearbeitet werden. Auch diese geistig-seelische Dimension bekommt räumliche Koordinaten, und zwar in der Form einer Architektur von Gefühlen, die wie ein kostbar geschliffener Kristall angeordnet sind. Es sind Gefühle von fast ekstatischer Intensität, die die beiden Liebenden mit einer strengen Ordnung von durchsichtiger Transparenz umgeben und sie in dieser Vollendung gefangen halten.

Wie nähern sich nun die verschiedenen Übersetzungen dieser häuslichen Umgebung? Hier erst mal das Original:

Es war Abend und die dunkelgrünen Jalousien blickten aussen auf die Strasse, in einer langen Reihe anderer dunkelgrüner Jalousien, von denen sie nichts unterschied. Wie ein Paar dunkel und gleichmütig herabgelassener Lider verbargen sie den Glanz des Zimmers, in dem Tee aus einer matten silbernen Kanne jetzt in die Tassen fiel, mit einem leisen Klingen aufschlug und dann im Strahle stillzustehen schien, wie eine gedrehte, durchsichtige Säule aus strohbraunem, leichtem Topas... In den etwas eingebogenen Flächen der Kanne lagen Schatten von grünen und grauen Farben, auch blaue und gelbe; sie lagen ganz still, wie wenn sie dort zusammengeflossen wären und nicht weiter könnten. Der Arm der Frau aber ragte von der Kanne weg und der Blick, mit dem sie nach ihrem Manne sah, bildete mit ihm einen starren, steifen Winkel

(Musil, 1978, p. 158).

Die brasilianische Übersetzung (Rosenfield – Pereira) lautet folgendermassen:

Era o final da tarde, e as venezianas verde-escuras fitavam a rua com sua longa fileira com outras venezianas verde-escuras idênticas entre si. Como um par de pálpebras escuras serenamente baixas, elas ocultavam o fulgor da peça onde o chá, escorrendo de um bule de prata fosco, caía no côncavo das xícaras, com um leve tilintar, para depois firmar-se, quase imóvel, num caudal, coluna translúcida e trançada de suave topázio cor de palha... Nas facetas levemente curvas do bule viam-se sombras verdes e cinzas, e azuis e amarelas. Repousavam de todo quietas, como se ali houvessem coagulado e não pudessem ir além. O braço da mulher, porém, apontava para outra direção, e o olhar que endereçava ao marido formava com ele um ângulo rígido e reto

(Musil, 2018, p. 23).

Das im Portugiesisch schwierige zusammengesetzte Partizip “zusammengeflossen” wurde als “coagulado” übersetzt, d.h. “geronnen”, um das statisch-verfestigte des Bildes der vermischten Farben - die auch mit den Gefühlen der beiden Liebenden assoziiert werden können - in den Griff zu bekommen. Denn das Portugiesische erlaubt nicht die Wortkombination “zusammengeronnen”, “colours that had run together”, die äusserst befremdend wirken würde.

Bevor wir uns einer von Hofmann scharf kritisierten Lösung von Wortsmann zuwenden, zunächst noch ein Blick auf die Versionen von E. Wilkins-Kaiser und Jaccottet:

It was evening. Outside, looking out upon the street, the dark green shutters were part of a long row of dark green shutters in no way distinct from the rest. Like a pair of dark eyelids, lowered in indifference (gleichmütig), they conceiled the glitter (Glanz) of this room where from a satin-silver tea pot the tea now flowed, striking the bottom of each cup with a faint tinkle and then remaining poised in mid-air, straw-coloured, a translucent, twisted column of weightless topaz … In the slightly concave planes of the teapot there lay reflections, green and grey, with here and there a gleam of blue or yellow, a pool of colours that had run together and now lay quite still. But the woman’s arm stood out from the teapot and the gaze with which she looked across at her husband formed an angle with the line of the arm, a rigid pattern in the air

(Musil, 2010, p. 123).

C’était le soir et les jalousies vert foncé donnaient sur la rue dans une longue rangée d’autres jalousies du meme vert dont rien ne es distinguait. Telle une paire de paupières baissées sur leurs paisibles ténèbres, eles voilaient l’éclat de cette chambre où maintenant le thé coulait d’une théière d’argent mat dans les tasses, en frappait le fond avec un tintement léger, puis semblait s’immobiliser dans un rayon de soleil comme une colonne torse, translucide, légère, de topaze couleur paille... Il y avait sur les pans légèrement incurvés de la théière des reflets de vert et de gris, d’autres de bleu et de jaune; tout à fait immobiles, on aurait dit de l’eau ensevelie dans un creux. Mais le bras de la femme s’écartait de la théière et formait un angle aigu, rigide avec le regard qu’elle tenait tourné vers son mari

(Robert Musil, 1987, p. 131).

In den ersten Zeilen wird man vielleicht nur auf den Unterschied zwischen Serenität und Indifferenz aufmerksam: “gleichmütig herabgelassenen Lider” bedeutet für die Mehrheit der Übersetzung “Seelenruhe” oder “Serenität”, während Wilkins-Kaiser diese Gelassenheit als “Indifferenz” verstehen, also ein Gefühl, das eine“kühlere” Nuance hat.

Am Schluss des Absatzes stellt sich das Problem des zusammengesetzten Verbs im deutschen Original: „wie wenn sie [die Farben] dort zusammengeflossen wären und nicht weiter könnten“; sowohl in Wilkins-Kaiser’s als auch Jaccottets Übersetzungen wird der blockierte Prozess des „nicht weiter Könnens“ mit einem statischen Bild ersetzt:

A pool of colours that had run together and now lay quite still

(Musil, 2010, p. 123).

[les couleurs] tout à fait immobiles, on aurait dit de l’eau ensevelie dans un creux

(Robert Musil, 1987, p. 131).

Beide Versionen vertiefen die anfängliche Serenität der „herabgelassenen Lider“ noch mit einem fast bukolischen Naturbild der Stille. Diese wunderbar anmutende Vollkommenheit des Kristalls der Liebe ist jedoch auch schon nicht mehr vollkommen, denn sie ist von Starrheit bedroht, von Paralyse und „nicht weiter können“, das das pulsierende Leben bedroht, sodass diese mystisch-ekstatische Vollkommenheit eher einer Sackgasse ähnelt. Und das ist ja auch halb bestätigt durch den im „scharfen Winkel“ (geradezu buchstäblich) widersprechenden Arm der Frau: dieser „reicht aus“ in die entgegengesetzte Richtung (weg vom verzückten Blick der Liebenden), und deutet so schon an, dass sie aus dem Gefängnis der kristallinen Vollkommenheit, in der ihr liebender Blick gefangen ist, doch auch wieder ausbrechen möchte.

Dieses etwas beunruhigende „nicht weiterkönnen“ der Ekstase hat Musil nicht nur in den Vereinigungen, sondern auch in der Zwillingsaffinität Ulrichs und Agathes als faszinierende aber doch zunehmend enervierende Sackgasse behandelt. Deshalb haben wir (Rosenfield-Pereira) den Satz „sie lagen ganz still, wie wenn sie dort zusammengeflossen wären und nicht weiter könnten“ mit dem Bild einer geronnen Flüssigkeit, die pastös festzustecken beginnt, übersetzt:

Repousavam de todo quietas, como se ali houvessem coagulado e não pudessem ir além

(Musil, 2018, p. 20).

Koagulieren oder „gerinnen“ ist zwar nicht genau dasselbe wie „zusammenfliessen“; aber es kündigt genau das zum Stillstand Kommen und ineinander verkeilt Sein der frisch lebendigen Farben an, die in die Sackgasse der Starrheit geraten, aus der sie nicht weiterkommen.

Wenn man nun Peter Wortsmanns Übersetzung zur Hand nimmt, stösst man auf einige Variationen, die ausführlicher besprochen werden müssen, da sie zu vernichtender Kritik Anlass gegeben haben, die ich aber nicht immer für sehr stichfest halte. Beginnen wir also mit einem Blick auf Wortsmanns Übersetzung des ersten Absatzes:

It was evening and the dark green shutters on the windows faced the street in a long row of other identical dark green shutters. Like a pair of dark, serenely lowered eyelids, they hid the glimmer of this room in which the tea now trickled from a mat silver pot into two cups, flung open with a quiet clang and then holding still in the shaft of light like a twisted, transparent column of soft brown topaz… Green and gray shadows, also a bit of blue and yellow were folded into the slightly battered surface of the pot; the shadows lay still, as if once having run together they were no longer able to part ways. But the woman’s arm protruding from the pot and the look with which she regarded her husband met at a stiff and rigid angle

(Musil, 2019, p. 11)

Beim ersten unvoreingenommenen Lesen dieses Absatzes fällt es vielleicht auf, dass das „Aufschlagen“ des Tees in Wortsmanns Version stärker bildhaft zur Geltung kommt: man sieht förmlich das Auffallen des honigfarbenen Teestrahls auf dem Boden der Tasse, und wie der Strahl nach allen Seiten spritzt: “flung open with a quiet clang”. Mit dieser Wendung wird die Dynamik sichtbar, wie eine Flüssigkeit beim Aufprall auseinanderschwappt, und sich in alle Richtungen öffnet, bevor der Blick sich auf den flüssigen Strahl konzentriert, der wie eine Säule oder helle Achse (shaft of light) unbewegt aussieht und doch den Behälter allmählich füllt. Vielleicht könnte man sagen, dass in Wortsmanns Version “aufschlagen” etwas überinterpretiert ist, indem die visuelle Konsequenz miteinbezogen wird und mit ihrer Dynamik den Gegensatz zwischen Fluss und Immobilität intensiviert. Denn in den folgenden Zeilen kommt der Fluss des hellen Tees in einer “Säule aus hellbraunem Topaz” zum Stillstand, die Wortsmann mit dem Bild einer “Lichtachse” (shaft of light) wiedergibt.

Auch wenn diese Übersetzung etwas freier ist als die vorher besprochenen, erregen die leichten Modulationen Wortsmanns für mein Sprachgefühl keinerlei Unbehagen, wobei auch zurate gerufene native speakers Michael Hofmanns Einwände kaum nachvollziehen konnten.

Also sehen wir uns seine Einwände noch einmal genau an:

There are mistakes that make of German - where many short, everyday words exist in more than one sense - a sort of German roulette. In the opening scene of the first story, Claudine pours tea. "Aufschlug," given as the perplexing "flung open" (like a door?) is the sound made by the tea being poured; "Strahl" is a column of liquid, not a "shaft of light"

(Hofmann, 2020).

Im ersten Teil dieses Absatzes beanstandet der einflussreiche Kritiker Wortsmanns Version von „flung open“ – mit dem mir nicht ganz einsichtigen Argument –, dass in diesem Ausdruck das Geräusch, das beim Einschenken des Tees entsteht, nicht unmittelbar enthalten sei, und fügt hinzu‚ dass Strahl “eine Flüssigkeitssäule, kein ‚Lichtstrahl‘ sei”. Was den ersten Einwand betrifft, muss erwidert werden, dass der Begriff des Aufschlagens nicht unbedingt mit der Erzeugung eines Geräusches verbunden ist; dazu ist im übrigen in Wortsmanns Version das Geräusch des Aufschlags durch die Erwähnung des Auseinanderspritzens des Tee implizit präsent, und dann nochmal im Zusatz „with a quiet clang“. Was die zweite Bemängelung betrifft – dass die hell leuchtenden Flüssigkeitssäule des Tees als „shaft of light“ wiedergegeben wurde –, muss gesagt werden, dass Wortsmanns Lösung im Grunde ein durchaus einleuchtendes Bild erzeugt, das in den Zusammenhang passt, auch wenn es hier zu einer freieren Übersetzung kommt.

Nun aber zum dritten Einwand, der das angebliche Missverständnis des Milieus und der charakteristischen Objekte dieser Umgebung betrifft:

‘The "etwas eingebogenen Flächen der Kanne" is in the haut bourgeois context unlikely to be "the slightly battered surface of the pot", but rather something devoratively and modishly concave. Think perhaps Jugenstil’8.

Hofmann gibt der von Musil beschriebenen Szene eine ganz bestimmte, typisch wienerische Bedeutung – obwohl Musil es vermeidet, seine Novellen in einem spezifischen Milieu zu situieren. So stichfest mögen die Argumente Hofmanns im ersten Moment auch scheinen, wird beim genaueren Nachlesen dieser Rezension doch klar, dass Hofmann eine vielleicht zu bestimmte Vorstellung vom Kontext und Milieu dieser Szene hat. Denn diese könnte zwar mit vielem übereinstimmen, was gebildete und informierte Leser vom Österreich zu Musils Zeit wissen. Allerdings ist keineswegs sicher, dass Musil unbedingt den Wiener Kontext des Grossbürgertums des Fin de Sciècle im Sinne hatte. Jedenfalls sind die Beschreibungen und örtlichen Hinweise so vage gehalten, dass sie auch in Berlin situiert sein könnten oder anderswo als in Wien / Österreich. Jedenfalls zwingt nichts in Musils Text einen Leser ausschließlich an das Fin de Sciècle Vienna zu denken, wie es in den Werken von Carl Schorskes (Schorskes, 1981) oder Erik Kandel (Kandel, 2012) dargestellt wurde. Musil wäre vielleicht gar nicht damit einverstanden gewesen, wenn man seine Novelle mit der Atmosphäre der Klimt-Gemälde und der Wiener Werkstätten, des Jugendstils und der Aura von Rilkes Gedichten identifiziert hätte, wie dies in Hofmanns Rezension zur Untermauerung des Verrisses von Wortsmanns Übersetzung geschieht9.

Diese Fixierung auf das angeblich „grossbürgerliche Milieu“ der Wiener Jahrhundertwende ist bei diesen Novellen gar nicht zwingend. Sehen wir also nach, ob nicht eher eine Auflockerung der Prämissen Hofmanns am Platz wäre. Könnte Wortsmann nicht recht haben, wenn er Musils fiktive Figuren nicht auf ein bestimmtes Milieu festlegt? Ist es nicht eine vorgefasste Meinung, dass diese Szene sich in einem grossbürgerlichen Milieu abspielen müsse, in dem auch Zweckgegenstände (wie Teekannen) in den Wiener Werkstätten erworben werden, wo man die eleganten Designs von Loos oder Hoffmann mitbezahlt? Man könnte Claudine doch auch als eine freigeistige Frau in der Art Martha Marcovaldis verstehen; dazu würde Musil als der lesende Geliebte im geblümten Fauteuil passen und das notorisch geldarme Paar, das nicht keinen grossbürgerlichen Salon zu bieten hat, wo mit teurem Jugenstildesign hantiert wird, könnte ohne weiteres mit einer abgenützten „matten“ und „eingedellten“ Silberkanne Tee servieren! Aus dieser durchaus möglichen Perspektive wäre Wortsmanns Übersetzung kaum zu bemängeln, wenn sie die eingebogenen Facetten nicht mit „Jugendstil“ sondern mit den Defekten eines etwas angeschlagenen Alltagsobjekts assoziiert.

Darüber hinaus gibt es noch andere Gründe, die es Wortsmann nahelegen könnten, sich vom Stereotyp des Wiener Fin de Sciècle zu distanzieren; denn auch Musil suchte Abstand von den eleganten Allüren des Grossbürgertums! In seinem Tagebuch notierte er einmal einen Gedanken zu einer getriebenen (Jugendstil) Messingschale mit Schneerosen, die zwar sehr schön sei, aber ihn völlig kalt lasse!10 Deshalb könnte man ruhig einwenden, dass Hofmanns Annahme vielleicht etwas gewagt ist, wenn er behauptet, das “Zimmer” mit dem Lehnstuhl und der Teeszene stelle ganz “offensichtlich” ein haut bourgeois Milieu dar11.

In Musils deutschem Text wird die silberne Teekanne ausdrücklich als “matt” beschrieben, und das kann sehr gut heissen, dass es sich um eine alte, abgenützte, vom vielen Polieren matte (und vielleicht sogar gedellte oder verbogene!) Teekanne handelt – nicht um ein modisches und kostbares “objet d’art” der Wiener Werkstätten. Wortsmanns Übersetzung ist eigentlich nur frei von vorgefassten Meinungen über die österreichische Kultur der Jahrhundertwende, wie sie in eleganten Museen wie der Neuen Galerie in New York gepflogen werden. Und das bringt ihn Musil wahrscheinlich näher, als Michael Hofmann meint.

Auch wenn sich Musils Werk gelegentlich in die Gesellschaft begibt, die in Villen, Palais und Palästen wohnt, so tut sein Erzähler das immer mit der Geste des Aussenseiters; sogar Diotima’s Salon muss die für die Paralellaktion nötige Eleganz mühsam improvisiert vortäuschen (indem der Rest der Wohnung in eine Art Rumpelkammer verwandelt wird).

Zurück zu den anderen Details der monierten Textstelle und zur Rehabilitation von Wortsmans Übersetzung. Wäre es Musils Absicht gewesen, die wienerische Eleganz der gebildeten Oberschicht darzustellen, hätte er sicher von einem Salon (nicht vom “Zimmer”) gesprochen, in dem Tee serviert wird. Gegen das Stereotyp der grossbürgerlichen Wohnung spricht auch die Beschreibung der Fensterläden; die endlos wiederholte Reihe von grünen Jalousien deutet an, dass die Szene sich in einem kleinen Haus in einer der Strassen mit niedrigen (gut- oder auch kleinbürgerlich) aneinandergereihten Häusern abspielt – und vielleicht auch gar nicht in Wien! - jedenfalls nicht in einer grossbürgerlichen Villa oder einer eleganten Wohnung reicher Leute, mit hohen Plafonds und riesigen Fenstern mit Samtvorhängen, wie man sie in den feinen Strassen im ersten oder dritten Bezirk findet. Mit dem “Zimmer”, das gleichzeitig als Leseecke und Teestübchen genutzt wird, kann der Leser durchaus die gar nicht grosszügigen Wohnverhältnisse Musils und Marthas assoziieren, bei denen es sicher abgenützte (“matte”) silberne Teekannen gab, in denen auch Dellen die Farben der Umgebung reflektieren!

Wortsmanns Übersetzung liefert also eigentlich eine gut mögliche Alternative zu Hofmanns sehr einschränkender Vision von Musils Wien. In der Art wie Hofmann das Paar sieht, müsste man Claudine und ihren Geliebten aber eher in die Salons von Alma Mahler, Berta Zuckerkandel oder Eugenie Schwarzwald versetzen, in denen Klimtgemälde oder kostbaren Designer Objekte von Josef Hoffmann, Dagobert Peche, oder Carl Otto Czeschka zweifellos am Platz waren. Musil und Martha, deren Leben doch sicher in Fragmenten in diesen Novellen präsent ist, hatten derlei nicht zu bieten, speisten auch kaum in diesen Salons, und waren bald so arm, dass sie in den caritativen Institutionen der Schwarzwalds Unterschlupf suchen mussten.

***

Abschliessend muss zu den vernichtenden Bemerkungen des Kritikers angemerkt werden, dass die angeblich “zahlreichen anachronistischen Redewendungen” und die “mangelnde Affinität” des Übersetzers mit dem Autor nicht in erster Linie auf tatsächliche Übersetzungsfehler zurückgeführt werden können, sondern dass es sich da weitgehend um zwei verschiedenen Erwartungshorizonte dreht. Der Ausblick des Kritiker und Rezensent orientiert sich an ganz anderen Assoziationen als der Peter Wortsmanns; beide sind freilich legitim, aber im Sinne des Weiterlebens gereicht es durchaus zu Wortsmanns Ehre, dass er Musils Werk nicht auf ein bestimmtes soziales, künstlerisches und kulturelles Milieu des Wiener Grossbürgertums reduziert, sondern das Liebespaar in einem nicht kulturell schon vorkonnotierten Vorstellungsraum belässt.

Dazu zeigen Hofmanns Kommentare totale Indifferenz gegenüber der schwierigen Aufgabe, die gleitenden atmosphärischen Stimmungen in den Griff der Zielsprache zu bekommen, Äquivalente für die fast unverständlichen Bilder aufzuspüren, und den Ton und Geschmack der Metaphern für eine ganz andere Kultur und Leserschaft greifbar zu machen.

  • 1
    O que me importa é a energia passional do pensamento. Onde não posso trabalhar algum pensamento particular, o trabalho da escritura me entedia de imediato. Mas por que esse trabalho que visa uma verdade individual, não um conceito científico, não anda mais rápido? Há um momento dissipativo no pensamento artístico; ele se expande em todas as direções ... cresce até formar um complexo amórfico [...] Falta de seleção. O que prevalece são imagens, estilo, atmosfera do todo. (tradução nossa)
  • 2
    Um nur ein kleines Beispiel zu nennen:J’aime l’horreur d’être vierge et je veuxVivre parmi l’effroi que me font mes cheveuxPour, le soir, retirée em ma couche, reptileInviolé sentir en la chair inutileLe Froid scintillement de ta pâle clartéToi qui te meurs, toi qui brûles de chasteté,Nuit blanche de glaçons et de neige cruelle!(Mallarmé, 1951, p. 47)
    In dieser Passage von Mallarmés Hérodiade steht man vor einem Abgrund von Bildern, deren Verkapselung die physische Wahrnehmungen aufflackern lassen. Auf einem ganz ählichen Weg scheint Musil weitgehend der inneren Sinneswelt seiner Figuren zu folgen indem er ihre inneren Vorgänge in Bildern evoziert.
  • 3
    Diese Einstellung verdankt sich der bereits oben erwähnte Vertrautheit mit der „transkreativen Übersetzertradition“, die an Ezra Pound und Haroldo de Campos anknüpft.
  • 4
    Conjunctions or Associations
  • 5
    1871 vollbrachte Bismarck dieses Streben nach Einheit, die der Untracht zwischen den unabhängigen Fürstentümern und der Zerrissenheit nach den napoleonischen Kriegen ein Ende setzte. Mit der nationalen Einheit begann auch der wirtschaftliche und militärische Aufstieg des deutschen Reichs und die nationalistischen Rivalitäten mit den Nachbarstaaten (Österreich, Frankreich und England im besonderen).
  • 6
    Diese Idee der Einigkeit reicht von der Selbstsetzungslehre Fichtes, über Schellings und Hölderlins kritische Betrachtungen bis zu Heideggers Wiederaufnahme dieser Diskussionen; die hinterliessen eine in Deutschland oft übermässige Idealisierung der (nationalen) Einheit und der (geistigen) Einigkeit, in die auch der Neomystizismus des 20. Jahrhunderts und die Verherrlichung der Volkstümlichkeit hineinspielen.
  • 7
    Rückblickend kann man Musils frühes Werk als eine Aufarbeitung der literarischen Strömungen des Dekadentismus und Neomystizismus betrachten: als ein kritisches „Durcharbeiten“, das deren Ausartungen in eine Zeitkrankheit vorzubeugen versucht. Für Musil besteht das „Unbehagen der Kultur“ vor allem in der Flucht vor der modernen Realität mit ihren rationalen, wissenschaftlich-technologischen Anforderungen, die seines Erachtens nur unter der Voraussetzung demokratischer Pluralität, Zusammenarbeit und tiefgreifender Umstrukturierung der gesamten Gesellschaft bewältigt werden können.
  • 8
    Laut Hofmann (Hofmann, 2020), die “etwas eingebogene Fläche der Kanne” ist im grossbürgerlichen Milieu wohl kaum “die leicht gedellte (oder verbogene) Oberfläche der Kanne”, sondern eher dekorativ-konkave Flächen. Man denke vielleicht an [ein] Jugendstil [design].
  • 9
    Vgl. Hofmann: ... Die allgemeine Ausstrahlung dieser Novellen ist ungefähr so unaufregend wie die zeitgenössischen Gemälde von Gustav Klimt. ... [Musils] Art von Details wird durch raffinierte Gleichnisse aufgelockert und gelegentlich bekräftigt. Musil war ein Bewunderer und einstiger Verleger der Gedichte Rilkes; er sprach bei dessen Gedenkfeier 1929 [sic]. Der Leser der Vereinigungen macht die Erfahrung einer Lektüre von Rilkes Gedichten, in Prosaform zusammengestückelt – man stösst auf die Salonstücke in den Neuen Gedichten, auf Momente von Anagnorisis, kleine Wunder, kleine psychologische Schwünge.
  • 10
    Musil war scheu mit modischen Diskursen über Kunst. Vgl. Musils empfindliche Reaktion auf Ea von Alleschs Kunstkennerschaft in der Tagebucheintragung vom 5. VII, [1905]. (MUSIL Tb S. 152-3)
  • 11
    Vgl. oben Fussnote 10.
  • Conjunto de dados de pesquisa
    Não se aplica.
  • Financiamento
    Essa pesquisa se beneficiou do auxilio Bolsa de Pesquisa em Produtividade do CNPq.
  • Consentimento de uso de imagem
    Não se aplica.
  • Aprovação de comitê de ética em pesquisa
    Não se aplica.
  • Publisher
    Cadernos de Tradução é uma publicação do Programa de Pós-Graduação em Estudos da Tradução, da Universidade Federal de Santa Catarina. A revista Cadernos de Tradução é hospedada pelo Portal de Periódicos UFSC. As ideias expressadas neste artigo são de responsabilidade de seus autores, não representando, necessariamente, a opinião dos editores ou da universidade.
  • Revisão de normas técnicas
    Alice S. Rezende – Ingrid Bignardi – João G. P. Silveira – Kamila Oliveira

Declaração de disponibilidade dos dados da pesquisa

Os dados desta pesquisa, que não estão expressos neste trabalho, poderão ser disponibilizados pelo(s) autor(es) mediante solicitação.

Quellenangaben

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    » https://networks.h-net.org/node/79435/discussions/4247079/tagung-der-internationalen-robert-musil-gesellschaft-2020-%C2%ABmusil
  • Corino, K. (2003). Musil Rowohlt Verlag GmbH.
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Edited by

  • Editores de seção
    Andréia Guerini – Willian Moura

Publication Dates

  • Publication in this collection
    21 June 2024
  • Date of issue
    2024

History

  • Received
    24 Sept 2023
  • Accepted
    18 Feb 2024
  • Reviewed
    16 Mar 2024
  • Published
    Mar 2024
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Universidade Federal de Santa Catarina Programa de Pós-Graduação em Estudos da Tradução, Centro de Comunicação e Expressão, Bloco B, Sala 301, Telefone: +55 48 3721-6649 - Florianópolis - SC - Brazil
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