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Das Komptonsche Experiment Ist die Wissenschaft um ihrer selbst willen da?

DOCUMENTOS CIENTÍFICOS

Das Komptonsche Experiment Ist die Wissenschaft um ihrer selbst willen da?

Ist die Wissenschaft um ihrer selbst willen da? Diese Frage muß mit gleicher Entschiedenheit bejaht und verneint werden, je nachdem sie gemeint ist. Der Wissenschaft muß vom Forscher um ihrer selbst willen gedient werden, ohne Rücksicht auf praktische Ergebnisse. Sie verkümmert sonst, indem sie die großen Zusammenhänge aus dem Auge verliert. Sie würde auch ihrer großen erzieherischen Aufgabe nicht gerecht, die darin besteht, das Streben nach kausalem Erkennen in der Gesamheit zu wecken und wach zu erhalten. Diese große Aufgabe, Hüterin eines der wertvollsten Ideale der Menscheit zu sein, zeigt aber auch, inwiefern die Wissenschaft nicht um ihrer selbst willen da sein darf. Die Gesamtheit der Forscher ist einem Organ des Körpers der Menschheit vergleichbar, das mit ihrem Blute gespeist wird und ein lebenswichtiges Sekret absondert, das allen Teilen dieses Körpers zugeführt werden muß, wenn dieser nicht verkümmern soll. Dies ist nicht so zu verstehen, daß jeder Mensch mit Gelehrsamkeit und Detailwissen vollgestopft werden soll, wie es leider in Schulen oft bis zum Ueberdruß geschieht. Auch kann es keineswegs die breite Oeffentlichkeit sein, die in wissenschaftlichen Fragen Entscheidungen zu treffen hätte. Aber jedem denkenden Menschen muß Gelegenheit geboten werden, die großen wissenschaftlichen Probleme seiner Zeit sehend mitzuerleben, auch wenn seine soziale Stellung ihm nicht gestattet, einen erheblichen Teil seiner Zeit und Kraft dem Nachdenken über theoretische Fragen zu widmen. Erst indem sie auch dieser wichtigen Aufgabe gerecht wird, erwirbt sich die Wissenschaft, vom sozialen Gesichtspunkte aus betrachtet, das Recht auf Existenz.

Unter diesem Gesichtspunkte will ich im folgenden über ein wichtiges, das Licht bzw. die elektromagnetische Strahlung betreffendes Experiment berichten, das vor etwa einem Jahre der amerikanische Physiker Kompton ausgeführt hat. Um die volle Bedeutung dieses Experimentes zu erkennen, müssen wir uns die höchst merkwürdige Lage vergegenwärtigen, in der sich heute die Lehre von der Strahlung befindet.

Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein beschäftige man sich in der Optik hauptsächlich mit Reflexion und Brechung des Lichtes (Hohlspiegel, Linsensysteme). Bis dahin hielt man in der Hauptsache fest an Newtons Korpuskular- bzw. Emissionstheorie des Lichtes. Nach dieser sollte das Licht in Korpuskeln bestehen, welche sich in gleichförmigem Milieu geradlinig und gleichförmig bewegen, an Oberflächen aber im allgemeinen eine plötzliche Richtungsänderung erleiden. Unter Benutzung dieser Grundvorstellung wurde eine ziemlich vollkommene Theorie fast aller bis zu jener Zeit bekannten Erscheinungen, insbesondere des Fernrohrs und Mikroskopes geschaffen.

Als man aber vor etwa hundert Jahren genauer mit den Interferenz- und Beugungserscheinungen (und mit der Polarisation des Lichtes) bekannt wurde, sah man sich genötigt, die Newtonsche Grundannahme über die Natur des Lichtes durch die von ihr völlig verschiedene der Undulationstheorie zu ersetzen, welche schon etwa anderthalb Jahrhunderte früher von Huygens aufgestellt worden war. Nach ihr sollte das Licht in elastischen Wellen bestehen, welche sich durch den Raum (bzw. Aether) in ähnlicher Weise nach allen Seiten fortpflanzen wie in zwei Dimensionen die Oberflächenwellen des Wassers von einem Punkte aus, in welchem diese Oberfläche in Schwingungen versetzt wird. Erst diese Theorie vermöchte Aufschluß darüber zu geben, wieso es inmitten einer von Licht durchfluteten Raumpartie bei Interferenz- und Beugungserscheinungen dunkle Stellen gibt, bzw. wieso sich mehrere Lichtbündel in ihrer Wirkung lokal aufheben können. Diese Undulationstheorie vermöchte die komplizierten Phänomene der Beugung und Interferenz mit einer geradezu astronomischen Präzision darzustellen, so daß die Ueberzeugung von ihrer Richtigkeit bald eine felsenfeste wurde.

Eine Modifikation und zugleich eine noch festere Begründung erhielt die Undulationstheorie durch die Forschungen von Faraday und Maxwell, gemäß welchen das undulatorische Feld des Lichtes seines mechanischen Charakters entkleidet wurde. Maxwells Theorie der Elektrizität und des Magnetismus umspannt gleichzeitig die Undulationstheorie des Lichtes ohne an deren formalem Gehalte etwas zu ändern. Dabei stellt diese Theorie quantitative Beziehungen her zwischen dem optischen und elektrischen Verhalten des leeren Raumes sowie der ponderablen Körper und reduziert die Zahl von einander unabhängigen Hypothesen, auf welchen die Undulationsoptik beruht. Damit schien an der Jahrhundertwende die Physik ein Fundament für immer zu besitzen, auf das man alle ihre Gebiete inklusive der Mechanik gründen zu können hoffte.

Aber es kam anders. Aus Plancks Arbeiten über das Gesetzt der von heißen Körpern emittierten Strahlung ging hervor, daß die Theorie nicht imstande war, jenes Gesetz zu erklären. Auch ließ sich der allgemeine Befund nicht erklären, daß die Wirkungen der Strahlung ihrer Qualität nach nicht von der Stärke der letzteren, sondern nur von ihrer Farbe abhängen. Dies ist höchst paradox und scheint mit dem Grundgedanken der Undulationstheorie unvereinbar. Man denke sich irgendwo auf dem offenen Meere riesige Wellen erzeugt, die sich von Erregungszentrum aus nach allen Seiten ausbreiten. Natürlich werden die Wellenberge, die so erzeugt werden, um so weniger hoch sein, je weiter sie sich vom Erregungszentrum aus bereits fortgepflanzt haben. Man denke sich nun Schiffe gleicher Größe über jene Meeresgegend verteilt, bevor die vorhin genannten Wellen erzeugt werden. Was wird geschehen, wenn die Wellen einsetzen? Die der Erzeugungsstelle nahen Schiffe werden umfallen oder zertrümmert werden, aber den genügend weit davon entfernten Schiffen wird kein Unheil geschehen; sie werden nur in ein harmloses Schaukeln geraten. Man sollte nun denken, daß es bei den von Strahlung getroffenen Molekülen analog erginge wie den von Meereswellen getroffenen Schiffen. Ob Moleküle chemisch verändert werden oder nicht, sollte nicht nur von deren Wellenlänge, sondern auch von der Intensität der wirkenden Strahlung abhängen; dies ist es eben, was die Erfahrung nicht bestätigt.

Man half sich bei diesem Versagen der allgemeinen Theorie mit der Hypothese der Lichtquanten. Unbeschadet allen Respektes vor der Undulationstheorie gewann die Arbeitshypothese an Boden, daß die Strahlung in energetischer Beziehung sich so verhalte, wie wenn sie aus Energieprojektilen bestände, deren Energiegröße nur von der Frequenz (Farbe) der Strahlung abhängt und ihr proportional ist. Newtons Korpuskulartheorie des Lichtes wird wieder lebendig, obwohl sie auf dem Gebiete der wesentlich geometrischen Eigenschaften des Lichtes vollkommen versagt hat.

Man hat also jetzt zwei Lichttheorien, beide unentbehrlich, und - wie man trotz zwanzigjähriger ungeheurer Anstrengungen der theoretischer Physiker heute zugestehen muß- ohne jeden logischen Zusammenhang. Die Quantentheorie hat Bohrs Theorie des Atoms möglich gemacht und so viele Tatsachen erklärt, daß sie einen großen Wahrheitsgehalt haben muß. Bei dieser Sachlage ist die Frage von höchster Wichtigkeit, inwieweit man den Lichtkorpuskeln bzw. Quanten die Eigenschaft von Projektilen zuzuschreiben hat.

Ein Projektil überträgt nicht nur Energie auf das getroffene Hindernis, sondern auch einen Stoß in seiner Bewegungsrichtung. Ist dies bei den Lichtquanten ebenso? Diese Frage wurde auf Grund theoretischer Ueberlegungen schon lange mit „ja" beantwortet und Komptons Versuch hat die Richtigkeit dieser Voraussicht bewiesen. Um diese experimentelle Methode zu durchschauen, muß man den Mechanismus eines als „Zerstreuung" bekannten Prozeßes genauer überlegen, auf welchen z. B. die blaue Farbe des Himmels beruht.

Trifft eine elektromagnetische Welle auf ein freies oder ein an ein Atom gebundenes elektrisches Elementarteilchen (Elektron), so wird dieses durch die wechselnden elektrischen Felder der Welle in oszillierende Bewegung versetzt. Dadurch strahlt es seinerseits (wie eine Antenne der drahtlosen Telegraphie) nach allen Seiten Wellen derselben Frequenz aus, deren Energie aus der ursprünglichen Welle genommen wird. Dies bewirkt, daß das Licht durch das solche Teilchen enthaltende durchstrahlte Medium nach allen Seiten (wenigstens zum Teil) zerstreut wird, und zwar desto stärker, je kurzwelliger das primäre Licht ist. So interpretiert man die Zerstreuung nach der Undulationstheorie.

Anders interpretiert sich der Vorgang nach der Quantentheorie. Nach dieser stößt ein Lichtquant mit dem Elektron zusammen, wobei es seine Richtung ändert und gleichzeitig dem Elektron eine Geschwindigkeit verleiht. Die kinetische Energie, welche bei diesem Zusammenstoß auf das Elektron übertragen wird, muß also dem stoßenden Quant entzogen werden, so daß das zerstreute Quant eine geringere Energie, also - wellentheoretisch gesprochen - eine geringere Frequenz, als der einfallenden Strahlung entspricht. Genauere Ueberlegung zeigt, daß dieser Frequenzdefekt der zerstreuten Strahlung exakt berechenbar ist. Die prozentische Frequenzänderung ergibt sich für sichtbares Licht sehr klein, für härtere Röntgenstrahlung, die ja nichts anderes ist als sehr kurzwelliges Licht, aber ganz erheblich.

Kompton fand nun, daß das durch geeignete Stoffe zerstreute Röntgenlicht in der Tat die von der Quantentheorie (nicht aber von der Undulationstheorie) geforderte Frequenzänderung zeigt. Dies ist wie folgt zu erklären: Nach der Rutherford-Bohrschen Theorie besitzt jedes Atom eine Anzahl Elektronen, die so lose an dasselbe gebunden sind, daß sie dem Quantenstoß des Röntgenstrahles gegenüber sich etwa so verhalten, wie wenn sie frei beweglich wären. Für das von diesen zerstreute Licht ist also die obige Ueberlegung zutreffend. Das positive Ergebnis des Komptonschen Experimentes beweist, daß nicht nur bezüglich der Energieübertragung sondern auch bezüglich der Stoßwirkungen die Strahlung sich so verhält, wie wenn sie aus diskreten Energieprojektilen bestünde.

Edición del texto en alemán de Hernán Pringe.

  • 1
    Esta oración presenta dificultades en el original alemán. Otra opción sería: "de modo que el cuanto dispersado [posee] una energía menor, por lo tanto, en términos ondulatorios, una frecuencia menor, que la que le corresponde a la radiación incidente".
  • 2
    Esto es, los rayos X.
  • 3
    Literalmente: "la luz de Röntgen".
  • Publication Dates

    • Publication in this collection
      10 July 2013
    • Date of issue
      Mar 2013
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